„Freie
Presse“ enthüllt schlimmste Folterungen in der DDR
„20 schreckliche Monate“ titelte die „Freie Presse“ in
ihrer Regionalausgabe für das Erzgebirge am 28.05.2015. In diesem Artikel
werden ungeprüft Schilderungen eines Hermann Kirsch, vormals Hermann Deeken, als Tatsachen verkauft, die sich dann so lesen: „…Kirschs Hände zeugen noch heute von
schlecht versorgten Fingerbrüchen….Hermann Deeken
wurde für 48 Stunden an eine voll aufgedrehte Heizung gekettet, bekam während
dieser Zeit weder zu essen noch zu trinken und durfte nicht zur Toilette.
Später wurde er dann in die sogenannte Flutzelle gesteckt. Das war laut Kirsch
ein kleiner, mit Gummi abgedichteter Raum. „Auf einmal bemerkte ich, dass aus
dem Fußboden langsam aber stetig Wasser kam. Das Wasser stieg und stieg, bis
ich angefangen habe zu strampeln und zu schwimmen. Irgendwann berührte mein
Kopf die Decke“. Erst dann wurde das Wasser abgelassen. Das setzt ihn bis heute
noch psychisch zu.“
Besonders pikant ist, dass es sich bei dem Kronzeugen der
„Freien Presse“ um einen 1969 in der DDR wegen staatsfeindlichen
Menschenhandels zu dreieinhalb Jahren verurteilten, nach etwa zwei Jahren von
der BRD freigekauften und 1994 rehabilitierten „Fluchthelfer“ handelt. („Es
waren 48 Einschüsse im Auto, aber wir waren im Westen“)
Heute sind die Spitzen der Europäischen Union intensiv
bemüht, den Kampf gegen Schlepper, wie Fluchthelfer heute bezeichnet werden,
effektiver zu gestalten. Ein schönes Beispiel für Doppelmoral, Heuchelei und
Verlogenheit.
Dieser Artikel war Anlass für eine am 04.06.2015
eingelegte Beschwerde beim Deutschen Presserat mit folgendem Wortlaut:
Beschwerde
gegen eine Veröffentlichung der „Freien Presse“ (Erzgebirge und Region) vom
28.05.2015
Hiermit führe ich Beschwerde gegen die
fragwürdigen Darstellungen der „Freien Presse“ in einem Artikel mit der
Überschrift „20 schreckliche Monate“, publiziert am 28.05.2015. (Als Anlage
beigefügt) Dabei rüge ich besonders die Vernachlässigung der im Pressecodex
(Ziffer 2) geforderten journalistischen Sorgfaltspflicht, die eine Überprüfung
von Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt beinhaltet.
In ca. 30.000 Ermittlungsverfahren gegen
ehemalige Angehörige des MfS nach 1990, wie auch in der nahezu 25-jährigen
Recherchearbeit der BStU wurde in keinem einzigen
Fall nachgewiesen, dass Untersuchungshäftlinge des MfS physischen Folterungen ausgesetzt
waren.
Selbst sich anbietende minimalste
Überprüfungsmöglichkeiten wurden seitens der Redaktion nicht genutzt. So wäre
doch zu fragen, wo sich denn die ominöse Wasserfolterzelle befunden habe und ob
diese noch existiert. Die Haft- und Gesundheitsakten der Untersuchungshäftlinge
des MfS sind fast vollständig bei der BStU erhalten. Auch „schlecht versorgte Fingerbrüche“ wären
dort vermerkt. 48 Stunden angekettet an einer voll aufgedrehten Heizung hätten
ebenfalls zu gesundheitlichen Schäden und einer anschließenden Behandlung
führen müssen. Schließlich wäre eine spektakuläre Flucht mit „48 Einschüssen im
Fluchtauto“ doch sicher von den bundesdeutschen Behörden und den BRD-Medien zur
Kenntnis genommen worden.
Es erhebt sich auch die Frage, ob der von der
„Freien Presse“ Interviewte seine
vorgeblichen schweren Folterungen in der DDR bei der Zentralen
Erfassungsstelle in Salzgitter seinerzeit angezeigt hat bzw. warum er das
unterlassen hat.
Sollten derartige Folterpraktiken tatsächlich
zu den „Stasi-Methoden“ gehört haben, wäre es völlig unwahrscheinlich, dass
Herr Herrmann Kirsch der Einzige davon Betroffene war.
Übrigens wissen wir mittlerweile aus den
US-regierungsamtlich bestätigten Folterpraktiken der CIA, wie Wasserfolter
wirklich geht.
Es wäre verdienstvoll, wenn der Deutsche
Presserat ein Signal setzen würde, dass fast 25 Jahre nach der Herstellung der
Deutschen Einheit Sachlichkeit und Objektivität beim Umgang mit DDR-Themen die
Hasspropaganda des Kalten Krieges ersetzen sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Schmidt